TV-Sendung «Sehen statt hören»

Wie entsteht «Sehen statt  Hören»?

Sicher interessiert es viele von Euch, wie eine Sendung «Sehen statt Hören» entsteht. Um der Sache auf den Grund zu gehen, begebe ich mich heute ins Fernsehstudio. Hatte ich früher gemeint, die Nachrichtensprecher müssten einfach kommen, ihren Text aufsagen und dürften dann wieder verschwinden, so sehe ich jetzt, wie falsch diese Annahme war. Bis so eine halbstündige Sendung fertig ist, muss von verschiedenen Beteiligten viel Arbeit geleistet werden.

Heute sind die beiden Ansager Simone Gschwend und Toni Koller im Studio. Ich darf bei der Arbeit zuschauen, und nachher erzählt mir Toni, wie sein Arbeitstag beim Fernsehen aussieht.


Was erzählt uns Toni Koller hier am Bild­schirm ?

«Ungefähr um 10.00 Uhr beginnt meine Arbeit. Zuerst sehen Herr Rihs und ich die Nachrichten durch, redigieren (bearbeiten) und schauen, wo man die Fotos einblenden könnte. Die Untertitel (Stichworte) sind schon vorbereitet worden, da­ zu schicke ich meinen Text jeweils vor dem Auftritt ans Fernsehen.»

Nachher bleibt mir noch Zeit, meinen Text aus­ wendig zu lernen. Dies mache ich mit Gebärden, aber ohne Stimme, um die Leute im Studio nicht zu irritieren und von ihrer Arbeit abzulenken.

Sprechübung ist wichtig

Um 12.00 Uhr begibt sich der (gehörlose) Ansa­ ger in den Ausbildungsraum zu Frau Liesch. Diese übt mit ihm eine gute Aussprache, sie korrigiert eventuelle Fremdwörter und erklärt, wo im Satz eine Pause gemacht werden muss.

Auch die Hände werden geschminkt

Nach der Mittagspause geht es zum Aufnahme­ studio. Toni Koller: ccVorher wird man ge­schminkt. Sonst würde man nachher im Fernse­hen bleich aussehen, und jede Unreinheit der Haut würde im grellen Scheinwerferlicht deut­lich hervortreten.» Bei •Sehen statt Hören» wer­ den sogar die Hände geschminkt. Sie sind ja gut zu sehen, weil der Ansager Gebärden verwen­ det. Bei anderen Sendungen, wo nicht gebärdet wird, zum Beispiel bei der Tagesschau, ist dies nicht  erforderlich.

Von 13.30 bis 14.00 Uhr wird die Sendung aus den verschiedenen Beiträgen, Fotos, Untertiteln usw. zusammengesetzt. Im Studio arbeiten sechs Personen. Das Ganze sieht verwirrend aus: unzählige Knöpfe, Schalter und viele Bild­ schirme. Toni erklärt mir, welche Funktionen die Leute haben. Es sind der Redaktor, der Kameramann, der Schnittechniker, der Tontechniker, die Sekretärin, und einer ist für die Untertitel zuständig.

Um 15.30 Uhr hat Toni seinen Auftritt. Es ist sicher selten, dass der Text gleich beim ersten­ mal richtig «im Kasten» ist. Oft muss der Ansa­ ger neu beginnen, sei es, weil er falsch gespro­ chen oder eine falsche Gebärde gemacht hat, auch war manchmal die Kamera nicht richtig eingestellt, oder es stimmte sonst etwas nicht mit der Technik.

Der hörende und der gehörlose Ansager wech­ seln sich ab beim Aufsagen ihres Textes. An­ schliessend muss Simone Gschwend einen Bei­trag präsentieren, d.h. sie muss (für die hören­ den Zuschauer) sprechen, was (für die gehörlo­sen Zuschauer) mit Untertiteln geschrieben steht.

Etwa um 16.30 Uhr ist Feierabend.


Es braucht schon einige Übung, um sich in diesem Schalterwirrwar zurecht zu finden Bilder und Texte auf vielen Monitoren zeigen sofort, ob alles klappt und zusammenpasst.

Viel Arbeit für drei Minuten Sendezeit:
Die gehörlosen Nachrichtensprecher Toni Koller und Ruedi Graf sind gleichzeitig Nachrichtensammler, d.h. sie müssen die Nachrichten aus der Welt der Gehörlosen selber zusammentragen, sie bekommen nicht einfach ein Blatt Papier in die Hände gedrückt, von dem sie vorlesen müssen. Wie arbeitsaufwendig diese Aufgabe ist, zeigt Toni mit diesem Vergleich: «Für drei Minuten Sendezeit braucht es ungefähr zweieinhalb Tage Arbeit: Nachrichten sammeln, Fotos machen, Text schreiben und einstudieren». An dieser Stelle möchte Toni seinem Arbeitge­ber danken, der ihm jeden Monat einen Tag frei gibt. Ohne diese Bereitschaft wäre es ihm gar nicht möglich, als Nachrichtensprecher bei «Sehen statt Hören» zu amtieren.

Und ich danke Toni für den interessanten Unterricht in Sachen «Sehen statt Hören».