VisioPrix

Laudatio Prix VISIO 2010

Es ist mir eine grosse Freue und zugleich eine Ehre hier vor der versammelten Gebärdensprachgemeinschaft der Schweiz zu stehen und im Namen der SGB-FSS den Prix VISIO einer Person zu verleihen. Das Ziel vom Ehrenpreis ist einerseits um das bisheriges Engagement für die Gebärdensprachgemeinschaft zu würdigen, aber anderseits auch als Erinnerungszeichen, dass die Tätigkeiten unbedingt weitergeführt werden müssen.

Nun da ich aus Basel komme, fragt ihr euch bestimmt, ob die zu ehrende Person ein Basler sein müsste. Da muss ich etwas ausholen. Ich selber war die ganze Zeit in der Gehörlosenschule in Wollishofen. Diese Person war damals auch dort in der Schule. Ihre strenge Erziehung war zwar von der Lautsprache dominiert, dennoch hat die Gebärdensprache sie für den weiteren Lebensverlauf stark geprägt. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass einige Familienmitglieder die Gebärden reden können.

Wegen der Hörbehinderung musste die Person gegen Vorurteile und Hindernissen kämpfen. Das Spannungsfeld zwischen Hörende und Gehörlose, zwischen Unterdrückung und Emanzipation, hat auf sie abgefärbt, ja sie geprägt. Daher hat sie sich nach und nach eine Strategie angeeignet, wie man diese Behinderungen herumkurvt und ausdrippelt, manchmal kämpferisch dagegen angerannt. So wie man im Fussball oder auf den Skibrettern macht. Was aber bei dieser Person einzigartig ist, dass sie auf beiden Ebenen sehr aktiv war und immer noch ist, nämlich Sport und Kultur.

In beiden Bereichen, Kultur und Sport hat unser diesjähriger Preisträger viele Erfolge auszuweisen. Das hat seinen Eigenschaften zuzuschreiben, nämlich Sturheit und Beharrlichkeit. Auch wenn eine Gruppe in anderer Meinung war, machte er trotzdem weiter und zuletzt hatte er oft recht.
Es freut mich riesig, dass sich die Jury für diese Person entschieden hat, weil seine Führung und die Zusammenarbeit mit jüngeren Jahrgängen vorbildlich sind. Nicht zuletzt, weil er eine Brücke zwischen Sport und Kultur geschaffen hat.

Riesenapplaus für Toni Koller!
Nun fahre ich weiter fort.

Toni Koller, wie gesagt, war und ist auf beiden Gebieten, Sport und Kultur sehr aktiv, hatte verschiedene Funktionen im Gehörlosen Sportwesen unter anderem als National-Fussballtrainer, Vizepräsident vom Schweizerischen Gehörlosen-Sportverband, Präsident vom Gehörlosen-Sportverein Basel, erfolgreicher Skileiter vom SGSV-FSSS, sogar als Vorstandmitglied vom Swiss Disabled Skiteam und als Technischer Delegierter vom internationalen Gehörlosen Sportverband ICSD (vormals CISS). SGSV Ehrenpräsident Walter Zaugg hat dankerweise ein Übersicht zusammengestellt.

Toni Koller als Sportler/Funktionär im Sportbereich:

1975 – 1984

  • B-Diplom als National Fussballtrainer / Fussballeiter

1983 – 1990  

  • Vorstand SGSV, als Vizepräsident (Präsident Klaus Notter)
  • gleichzeitig als Fussball-Leiter (von / bis ist mir nicht bekannt)
  • gleichzeitig als Ski-Leiter 1986-1991
  • Als Vorstandsmitglied hatte er das Lizenzwesen auf Computer umgestellt.

1994 – 2008 

  • Ski-Leiter SGSV, viele Erfolge an Deaflympics, EM und Europacups!
  • Intensive Tätigkeiten mit viel ehrenamtlichen Arbeit für Skiteam gemacht.
  • Er kämpfte für die Einhaltung der Regelungen.

2002 – 2003  

  • Techn. Delegierter Ski beim CISS, heute ICSD an der 15. Winterdeaflympics in Sundsvall/SWE

2004 – 2008 

  • Vorstandsmitglied beim Swiss Disabled Ski Team (SDST= hörende Behindertenskisport).
    Toni war Verbindungsmann zwischen SGSV und SDST. Aus Kostengründen konnten somit die Trainings des Swiss Deaf Ski Teams beim SDST durchgeführt werden.
  • Für SDST hat er auch für ihre Jahresbericht-Broschüre Layoutarbeit übernommen.

Seit 2000 

  • Betreuung und Organisation für Schweizer Team an Ski-Deaf Europacups
    (pro Winter 3-4 Rennen)

Seit 2005 

  • Ski-Deaf Europacup, als Co-Koordinator zusammen mit Martin Larch (Südtirol)

Diverse: 

  • Homepages für Skiteam, Deaflympics und Europacup erstellt und nachgeführt.
  • Videos für SGSV erstellt und geschnitten.
  • Als Comedy und Moderator in diversen Anlässen aufgetreten

Quelle: Walter Zaugg (ehemaliger SGSV-Präsident 1993-2008) / 25.2.2010

 

Wie gesagt, nicht nur im Sport war er sehr engagiert, sondern auch in der Kultur, besonders in den Medien. Wir alle kennen sein Gesicht vom Fernsehen Sehen statt hören (SSH). Dort arbeitete er von 1985 bis 1993 als Nachrichtensprecher. Zuerst sprach er sogar vor der Kamera in Lautsprache, später stellte er auf die Gebärdensprache um. 1994 übernahm er von Elisabeth Hänggi die Leitung von TV-Kommission und führte sie bis zur Auflösung der Sendung Sehen statt hören im 1997. Ich erinnere mich noch gut an sein verzweifelter Kampf um den Erhalt von SSH. Seine Leidenschaft für die elektronischen Medien und Kommunikationsmittel blieb aber weiterhin ununterbrochen.

1985 – 1993

  • Nachrichtensammler und -sprecher

1994 – 1997

  • TV Kommissionpräsident
    (bis zur Auflösung von SSH)

Schon damals gründete er im 1986 zusammen mit Hanspeter Waltz den Computer Commodore-Club in Basel. Früher war eine solche Gehörlosen-Selbsthilfegruppe undenkbar. Anfangs 90er Jahren produzierte er in der ersten Gehörlosen-Medienwerkstatt in Basel die Filme für das Bildtelefon-Projekt, welche von der PTT und Bakom initiiert war. Aus diesem Filmwerkstatt Emotion Pictures entstand dann im 1997 der Basler Gebärdensprachkulturverein Visuelle Kultur. Unter seiner Führung als Präsident blühte der Verein mit seinen erfolgreichen Projekten auf u.a. Kommunikationsforum, Spielgruppe Babu und Visual Festival. Seine Liebe galt aber immer der Filmproduktion, weshalb der Verein Visuelle Kultur in dieser Richtung wiedererwacht ist.

1986 – 1989

  • Commodore – Treff (Gehörlosen Computertreff )

1991 – 1993

  • Ausbildungskurs „Bivifi-Exa“

1993 – 1997

  • Emotion Pictures

1997 – heute

  • VISUELLE KULTUR

2005 – heute

  • Videophone

Selbst bei neuen Technologien hat er nie Berührungsängste und verhalf dem Videophone die starke Verbreitung in der Schweiz, auch wenn er deswegen zum grössten Teil ehrenamtlich als Supporter arbeiten musste.

Zuletzt kommen wir zurück zum Sport, wo er noch heute seit seiner Kindheit seine grosse Leidenschaft ausleben kann, nämlich die Spiele und das Geschehen vom FC Basel zu verfolgen. Als Saisonkarteninhaber ist er stets im Joggeli anzutreffen und zudem führt er als Präsident den ersten Gehörlosen FC Basel Fanclub deaFCBasel an.

Toni Koller, ich gratuliere dir herzlich im Namen vom SGB-FSS zum Prix VISIO. Darf ich dich nach vorne bitten!

Als Brückenbauer zwischen jung und alt, zwischen Sport und Kultur hat er, Toni Koller, den Prix VISIO absolut verdient. Nochmals meine herzliche Gratulation!